Datum: 21.03.2022 21:13
Seit knapp drei Monaten läuft die Suche nach neuen Investoren für die insolventen MV-Werften. Für den Standort Wismar konnte eine deutsche Lösung geschaffen werden. Die Kieler Werft „thyssenkrupp Marine Systems“ (TKMS) ist offenbar an einer Übernahme interessiert.
von Stefan Ludmann, NDR Schwerin und Christian Wolf, NDR Kiel
Die Frist zur Abgabe erster Gebote für Wismar und Rostock ist noch nicht abgelaufen. Der Insolvenzverwalter der MV-Werften, Christoph Morgen, hat dafür Anfang April einen Termin angesetzt. Morning hat immer betont, dass es einige ernsthafte Aussichten gibt. TKMS ist jetzt für den Standort Wismar im Spiel. Die Werft in Stralsund wurde Anfang März von der Stadt Stralsund gekauft.
Die offizielle Bestätigung ist noch nicht abgeschlossen
Offiziell wollten weder die TKMS, der Insolvenzverwalter noch die Landesregierung das Interesse Wismars bestätigen. Aber es gibt Anzeichen, die darauf hindeuten. Der U-Bootbauer selbst spricht von „sehr guter Auslastung“. Man wolle weitere Komponenten erschließen, heißt es. TKMS teilte mit, dass „in der Vergangenheit auch Überlegungen zum Ausbau der Kapazitäten in Deutschland angestellt wurden, um die Produktion laufender Aufträge bestmöglich und vor allem zeitnah abzuwickeln.“
TKMS rechnet mit milliardenschweren Rüstungsaufträgen
Wir befinden uns derzeit in der Ideenphase, die Situation ist noch sehr allgemein. Offenbar rechnet TKMS mit Rüstungsaufträgen in Milliardenhöhe für die Marine. Der Schiffbauer konnte daraufhin nicht nur U-Boote im Rahmen des 100-Milliarden-Notprogramms für die Bundeswehr bauen, sondern auch in den Überwasserbau einsteigen – mit der Produktion von Fregatten oder Korvetten. Es geht aber nicht nur um Platz, sondern auch um Fachkräfte, die eventuell neue Aufträge bearbeiten können. Das Unternehmen „thyssenkrupp Marine Systems“ hat nach NDR-Informationen bereits 120 Ingenieuren aus Wismar eine Übernahme angeboten.
Neue TKMS-Mitarbeiter haben Spekulationen angeheizt
Mit TKMS habe es einen ersten „Korrespondenzverkehr“ gegeben, heißt es von der Landesregierung, dabei sei von einem „sehr interessanten Player“ die Rede. Demnach habe das Unternehmen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) direkt angeschrieben. Zu möglichen Angeboten wollte sich ein Sprecher des Insolvenzverwalters wie üblich nicht äußern. Allerdings erklärte er, dass die Angebotsfrist noch nicht abgelaufen sei. Spekulationen über einen TKMS-Einstieg bei der Mecklenburg-Vorpommern-Werft werden von einer Personalie getrieben. Am vergangenen Freitag wurde bekannt gegeben, dass Oliver Burkhard neuer TKMS-Chef wird. Seit 2013 ist er Vorstand und Arbeitsdirektor der Muttergesellschaft thyssenkrupp in Essen. Vor seinem Eintritt in das Unternehmen war der 50-jährige Burkhard Spitzengewerkschafts- und Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen. Er gilt als bestens vernetzt – auch innerhalb der SPD.
Das Unternehmen ist auf den Bau von U-Booten spezialisiert
Bisher hat sich TKMS nur auf den Bau von U-Booten konzentriert. Überwasserschiffe wie Korvetten für Israel oder Algerien wurden von der Werft bei anderen Unternehmen wie German Naval Yards (GNYK) in Kiel gebaut. Mit dem neuen möglichen Standort in Mecklenburg-Vorpommern könnte TKMS solche Aufträge künftig ohne Unteraufträge in Eigenregie abwickeln.
Die Übernahme könnte die Zukunft der Werft sichern
Der Einstieg von TKMS in Wismar könnte auch die Diskussionen um das Thema Werftenkonsolidierung beenden. Seit vielen Jahren besteht der politische Wille, einen nationalen Champion zu bilden – mit den drei Werften TKMS, GNYK und der Bremer Lürssen-Werft, der die Werft in Wolgast gehört. Das Trio könnte sich dann im internationalen Wettbewerb gegen einige Staatsunternehmen aus Frankreich oder Spanien durchsetzen. Mit dem möglichen Kauf des Standorts Wismar hätte Deutschland dann eine Werft, die durch die Möglichkeiten und Technologien leistungsfähig erscheint. Zudem wäre der Standort in Norddeutschland sicherer als bei TKMS, da das Unternehmen bis 2034 voll einsatzfähig sein wird.
21.03.2022 21:12 Uhr
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, der Standort Stralsund stehe noch zum Verkauf. Allerdings hatte die Stadt Stralsund diesen Ort bereits gekauft. Wir haben den Fehler korrigiert.
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Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Hörfunk MV | Nachrichten | 21.03.2022 | 18:00 Uhr
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