Der Fußgänger Anton Adner soll 114 Jahre alt gewesen sein, als er am 9. April 1819 den Südturm des Frauenturms über 486 Stufen bestieg. Sehr beeindruckt von der reifen Leistung des Mannes aus dem Berchtesgadener Land soll der damalige König Max I. Joseph sich um den prächtigen Methusalem gekümmert haben. Heute wäre das viel einfacher auf dem Weg nach oben. Nach 86 Stufen konnte er sich auf einem Zwischengeschoss in Höhe der Orgel ausruhen und von dort brachte ihn ein Aufzug in wenigen Sekunden ans Ziel: Mit fast hundert Metern war er immer noch der höchste Punkt Münchens. al Stad.
Nicht der anstrengende Aufstieg versperrt hier den Atem, sondern der faszinierende Blick auf das Leben unten und bei klarer Sicht der weite Blick. Nach zehnjähriger Bauzeit wird es an diesem Dienstag für alle Münchner und Touristen wiedereröffnet. Der Südturm der Frauenkirche ist dann täglich zugänglich.
Unter der Südkapelle der zwischen 1468 und 1488 erbauten Kirche schwärmte Dompfarrer Klaus Peter Franzl: „Wenn du auf deine Heimatstadt schaust wie ich von München aus, ist das einfach toll!“ Doch der Dom des Erzbistums München und Freising war nicht nur mit der schönen Aussicht zufrieden. “Wir wollten den Dom zum Reden bringen.” Besucher können es nicht hören, aber mit Hilfe eines neuen Besucher- und Medienkonzepts sehen. „Du wirst ein fernes Land sehen“ ist sein biblisches Motto.
Es können maximal 60 Personen gleichzeitig nach oben gehen
Die 1.500 bis 2.000 Menschen, die täglich die Liebfrauenkirche betreten, sollen sozusagen tiefer in den göttlichen Raum gezogen werden, „und nicht nur durch das Hauptportal, den Turm rauf und wieder raus“, sagt Franzl. Auf einem 3,50 Meter hohen Digitalmast in der Lobby steht deshalb „Grüße Gott“. In deutscher, englischer und italienischer Sprache werden die Besucher durch Übersichten und Flyer auf sechs verschiedene Arten, historisch und spirituell, durch die Kirche geführt – von „Bischöfen und Herrschern“ bis zu „geheimnisvollen Orten“.
Im neu renovierten Domladen neben dem hölzernen Eingangstor beginnt der 30-minütige Aufstieg zum Südturm. Hier können maximal 60 Personen gleichzeitig nach oben gehen. Eine digitale Ampel regelt den Weg durch die extrem engen Treppen.
Nach 86 Stufen erreichen Sie eine mittlere Ebene, wo Sie unter anderem Anton Adner begrüßt – genauer gesagt: das Denkmal, das Carl Spitzweg für den Mann mit Rucksack und Schlafmütze gemalt hat. Auf digitalen Bildschirmen werden Geschichten über die Kathedrale erzählt, aber auch die Entwicklung des Gebäudes selbst – von seiner Vorgängerin, der Marienkapelle, bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
Der Nordturm, zum Greifen nah
Wer schließlich mit dem Aufzug zu den Welsh Heads fährt, wird in einer leicht überfluteten Tour befreit: Die Stadt und der weite Horizont breiten sich in 16 Fenstern zu allen Seiten aus. Touchscreens informieren über markante Gebäude und Orte, vom Gerichtsgebäude bis zum Olympiastadion auf der Theresienwiese.
Auch der Fortschritt der aktuellen Großbaustellen ist hier zu beobachten. „Hauptbahnhof, Marienhaff, zweite Hauptstraße, ich finde es spannend zu sehen, was passiert“, sagt Pfarrerin Judith Seipel, die sonst Touristen durch den Dom führt. „Aber die Aussicht vom Nordturm fasziniert mich immer wieder, so nah, dass man das Gefühl hat, aussteigen zu können.“ Bevor 2014 mit der Sanierung des Südturms begonnen wurde, war ab 2009 der Nordturm an der Reihe. Das Mauerwerk der Gebäude war feucht, die Fassaden beschädigt und einige Backsteine des Münchner Wahrzeichens hatten ihre schützende Haut verloren. Auch Fenster und Zargen mussten saniert und teilweise erneuert werden.
Der Südturm ist ab dem 22. März montags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 11:30 bis 17 Uhr geöffnet Der Zugang ist nicht barrierefrei. Tickets sind im Domshop in der Südturmkapelle der Frauenkirche erhältlich, wo sich auch der Eingang des Südturms befindet. Weitere Informationen www.muenchner-dom.de.
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