Der Prozess gegen einen 52-jährigen Mann wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau ist am heutigen Dienstag vor dem Landesgericht Wien abrupt beendet worden. Die Jury sprach den Angeklagten des versuchten Mordes mit 4 zu 4 Stimmen frei. Richterpräsident Wolfgang Etl setzte das Urteil umgehend aus. Die Anwältin des Mannes, Astrid Wagner, bezeichnete das Vorgehen als „sehr unseriös“.
Die Jury ging davon aus, dass der Mann seine Ehefrau am 19. August 2021 am U-Bahnhof Pilgramgasse überfallen und mehrfach mit einem Messer angegriffen hatte. Sie fanden jedoch keine Tötungsabsicht hinter dem Angriff. Der Angeklagte hatte im Prozess stets die Mordabsicht bestritten.
Das 52-jährige serbischstämmige Paar ist seit mehr als 20 Jahren mit einer Frau verheiratet, die nun die Scheidung plant, und sie haben einen gemeinsamen Sohn. Die Ehen leiden unter dem einsetzenden Kontrollwahn und der starken Eifersucht der Angeklagten. Regelmäßig musste die 45-Jährige ihr Handy zur Kontrolle abgeben und mitteilen, wohin sie ins hihi fahre und mit wem sie sich treffe. „In der Pandemie ging das noch weiter“, sagte das Opfer aus.
Am 16. Juni 2021 gab die Frau schließlich ihre Trennung bekannt und verließ die Wohnung, ohne ihrem Mann zu sagen, wohin sie gehen solle. Der Verdächtige bombardierte die 45-Jährige am Donnerstag mit Textnachrichten, in denen sie sie aufforderte, zu ihm zurückzukehren. Zunächst als Bitte formuliert, wurden die Botschaften laut Anklage zunehmend mit Drohungen wie “Für alles, was Sie mir angetan haben, wird meine Rache noch anstrengender.” Der Mann benutzte schließlich den Laptop der Frau, um sich bei ihrem Google-Konto anzumelden und ihr Handy zu orten.
Er erfuhr, dass seine Frau bei einem Freund im U-Bahnhof Pilgramgasse Unterschlupf gefunden hatte. Im August soll der Mann den Entschluss gefasst haben, die Frau zu töten und anschließend in seine Heimat Serbien zu fliehen.
In Zeitungspapier eingewickelt fuhr er am 19. August in die Pilgramgasse und wartete auf seine Frau. Als er seine Frau sah, näherte er sich der Frau auf der Pilgerbrücke und stach mehrmals mit einem Messer auf sie ein, bevor er einschritt. Der Verletzte konnte sich vom Boden erheben und weglaufen. Der 52-Jährige sei ihr jedoch hinterhergelaufen und habe geschrien, er werde sie töten, sagten Zeugen. Er folgte seinem Opfer über die Pilgerbrücke in Richtung Linke Wienzeile, wo die Frau es anschließend mit Pfefferspray rehabilitieren konnte. Zeugen drückten ihn daraufhin zu Boden.
Der Angeklagte wurde nur deshalb nicht ernsthaft verletzt, weil der Winkel bei den Stauattacken zu steil war. Seitdem leidet sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung. „Ich bin krank, habe Schlaf- und Essstörungen und habe zwölf Kilo abgenommen“, sagte der 45-Jährige.
In seinem Geschworenenverfahren bestritt der Mann jegliche Tötungsabsicht. „Ich wollte ihr Angst machen“, sagte er, als er gefragt wurde. Er konnte sich auch nicht an die Einzelheiten der Tat erinnern, weil er von einem Passanten auf den Kopf geschlagen wurde. Im psychiatrischen Gutachten räumte Sachverständiger Siegfried Schranz eine psychische Störung des Angeklagten ein. Dies ist jedoch nicht so ausgeprägt, dass es seine gesamte Persönlichkeit betrifft. Er konnte auch zwischen richtig und falsch unterscheiden, wenn es um den Tatzeitpunkt ging.
Die Freilassung der Jury kam überraschend. Für Wagner war das Wichtigste, dass die Geschworenen nur über versuchten Mord, nicht aber über mögliche Körperverletzungen entscheiden konnten. Sie verurteilte die Tatsache, dass das Urteil aufgehoben wurde. Es ist im Allgemeinen nicht gut für die Geschworenenjustiz, wenn der Richter „inakzeptable“ Urteile sofort aussetzen kann.
(SERVICE – In Österreich finden gewaltbetroffene Frauen Hilfe und Informationen beim Frauentelefon unter: 0800-222-555 (kostenlos und rund um die Uhr), beim Verband der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF); Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt : und das 24-Stunden-Hotline für Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 und das Notruftelefon der Frauenhilfe unter 057722)
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