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“Projekt Zukunft”: Interview mit Dirk Steffens

Dirk Steffens ist seit mehreren Jahren als Wissenschaftsjournalist und Moderator weltweit unterwegs. Einem breiten Publikum ist der 54-Jährige unter anderem durch das ZDF-Format „Terra X“ bekannt. Tierschutz ist für den deutschen Naturschutz von besonderer Bedeutung. Viele Arten sind vom Aussterben bedroht, der Klimawandel verändert das Leben auf der Erde.


In seinem Buch „Projekt Zukunft: Große Fragen, kluge Köpfe, Ideen für ein besseres Morgen“ (272 Seiten, 20 Euro), erschienen am 21. März im Penguin Verlag, sprach Steffens mit Wissenschaftlern über zehn wichtige Zukunftsthemen. Der Nachrichtenagentur Spot on News sagte er, welches Thema den TV-Moderator am meisten bewegt und was er vom Querdenken hält im Interview verraten. Auch Dirk Steffens spricht über Anfeindungen und Heimkehr, sogar Morddrohungen – und warum Reisen nicht umweltschädlich sein muss.


Interview mit Dirk Steffens: über Umwelt, Zukunftsprojekte und Morddrohungen


In Ihrem neuen Buch „Projekt Zukunft“ diskutieren Sie mit Wissenschaftlern zehn wichtige Zukunftsfragen. Wie ist es passiert?

Dirk Steffens: Seit 30 Jahren treffe ich Forscher und habe von ihnen alles gelernt, was ich für unsere TV-Dokumentationen wissen muss. Aber in einem Dokumentarfilm ist nie genug Platz, um komplexe Zusammenhänge und längere Gedankengänge vollständig zu vermitteln. Dieser Zwang zur Kürze quälte mich immer ein wenig. Ich wollte die Wissenschaftler wenigstens einmal fertig machen …


In dem Buch sprechen Sie über Themen wie den Tod der Ozeane und Wälder, Strände und wenn eine Person eine Person ist. Welches der zehn Themen bewegt Sie am meisten?


Steffens: Artensterben, das Schlimmste seit dem Verschwinden der Dinosaurier. Es ist die größte Herausforderung der Menschheit. Der Klimawandel stellt nur unsere Lebensweise in Frage. Das Artensterben wirft die Frage auf, ob wir leben.


Gerade während der Corona-Pandemie wurde die Wissenschaft durch Querdenker und Co. in ein schlechtes Licht gerückt und Experten sogar bedroht. Warum denkst Du, das ist?


Steffens: Quer- und Verschwörungsdenker sind grundsätzlich Systemfeinde, weil sie alles ablehnen, was unsere Gesellschaft pluralistisch, frei und anpassungsfähig macht. Weil sie den Staat ablehnen, stellen sie die Glaubwürdigkeit seiner Institutionen in Frage. Wer glaubt, dass Universitäten, Behörden und seriöse Medien im Allgemeinen nicht glaubwürdig sind, macht sich seine eigene Realität und sammelt unsinnige Fakten aus unsinnigen Quellen. Bei etwas so Kompliziertem und schwer Verständlichem wie einer Viruserkrankung ist es für viele sehr schwer von dubiosen Informationen zu unterscheiden.


Umso wichtiger ist es, dass wir Journalisten unseren Job gut machen und verwirrten Querdenkern in unserer Berichterstattung nicht zu viel Raum geben. Das führt zu nichts. Sie lassen sich meist nicht durch sachliche Argumente überzeugen und stiften nur fatale Verwirrung. Wenn ein Einzelgänger sagt, die Erde sei flach und ein Geophysiker sagt, sie sei eine Kugel, liegt die Wahrheit nicht irgendwo in der Mitte. Es ist daher ein journalistischer Kardinalfehler, absurde Ansichten zum Teil der öffentlichen Debatte zu machen. Wir dürfen unsere Zeit nicht mit Verwirrung verschwenden, weil wir Wichtigeres zu tun haben. Die Welt braucht mehr denn je Vernunft und Handlungswillen.


Steffens will den Menschen die Augen öffnen


Haben Sie jemals mit solchen Feindseligkeiten zu tun gehabt?


Steffens: Natürlich. Von Beleidigungen bis Morddrohungen ist alles dabei. Die Intensität variiert je nach Motiv. Die Klimaleugner hatten mich besonders im Auge, aber sie sind inzwischen relativ ruhig geworden. Impfgegner machen jetzt mehr Lärm und suchen nach neuen Feinden, wie Virologe Christian Drosten. Oft rufen dieselben Personen zu unterschiedlichen Themen auf. Mal freuen sie sich darüber, mal darüber. Auch der Wahnsinn folgt dem Zeitgeist – Hauptsache das Gegenteil.


Sie glauben also nicht, dass Verlage für solche Probleme noch erreichbar sind?


Steffens: Dacks leider nicht. Denn Systemgegner, Querdenker, Verschwörungstheoretiker folgen der Ideologie, dass der Staat und die Institutionen grundsätzlich lügen und zweifeln grundlos alle möglichen Tatsachen an. Ich fürchte, Hopfen und Malz gehen da verloren. Wir sollten uns lieber fragen, wie wir mit dieser kleinen, aber lauten Minderheit umgehen, anstatt unsere Energie für fruchtlose Umstellungsversuche zu verschwenden.


Sie beschäftigen sich in Ihrem Buch auch mit dem Klimawandel. Warum sind so viele Menschen geschlossen?


Steffens: Weil es einfacher ist, unbequeme Wahrheiten zu verdrängen, als sich mit den oft komplizierten und herausfordernden Lösungen auseinanderzusetzen. Wer täglich sein Schweinenackensteak gerne auf den Grill legt, sieht die wissenschaftliche Tatsache, dass der hohe Fleischkonsum in Deutschland für die Klimakrise mitverantwortlich ist, als bedrohliche Kritik an seinem Lebensstil. Und seien wir ehrlich, jeder von uns hat Bereiche, in denen Klimaforschungsergebnisse schmerzhafte Selbstkritik erfordern.


Für mich und meinen Beruf ist zum Beispiel Fliegen eine schwierige Frage. Mein Leben wäre einfacher, wenn ich sagen würde, dass Langstreckenflüge kein Umweltproblem sind. Aber sie sind. Wenn sie jedoch gebraucht werden, wird es kompliziert, weil es keine einfachen Lösungen gibt. Aber das ist es, wonach viele Menschen suchen.


“Gesundheitliche Risiken mit einem Bürostuhl seit 30 Jahren sind wahrscheinlich höher als in meinem Job”


Haben Sie wegen Ihres CO₂-Fußabdrucks ein schlechtes Gewissen?


Steffens: Natürlich. Aber ich versuche das zu minimieren, indem ich alle Flugklimata kompensiere. Auch wenn das Nichtreisen auch keine gute Lösung ist, wie wir in der Corona-Krise gesehen haben. Ohne den Fernflugverkehr und den Tourismus würden viele Naturschutzprojekte auf der ganzen Welt gar nicht finanziert. Der globale ökologische Nutzen eines totalen Reiseverzichts ist zweifelhaft.


Ihre Arbeit bringt viele schöne Momente mit sich, birgt aber auch ein gewisses Risiko. Wie gehen Sie damit um?


Steffens: Der gefährlichste Teil einer Expedition in den Dschungel ist die Fahrt zum Flughafen. Die gesundheitlichen Risiken mit einem Bürostuhl über 30 Jahre sind wahrscheinlich deutlich höher als in meinem Beruf, der mit viel Bewegung und frischer Luft verbunden ist. Giftige Schlangen, Krokodile und Haie ziehen Menschen nicht an. Nun, manchmal tun Krokodile das. Das Leben ist lebensbedrohlich – egal, was Sie tun.


Was vermisst du am meisten auf deinen Reisen und was darf in deinem Koffer auf keinen Fall fehlen?


Steffens: Hausaufgaben bekomme ich immer nach zwei Wochen. Ich gehe nie ohne ein paar gute Hörbücher auf eine Reise.


Was kann jeder Einzelne konkret tun, damit die nächsten Generationen auf der Erde weiterleben können?


Steffens: Wo man sich für Nachhaltigkeit entscheiden kann. Beim Essen, Reisen, Fahren, Heizen, Wohnen – einfach mit allem. Aber individuelles Ökoheldentum reicht nicht aus, um die Welt zu retten. Wir müssen auch an den großen Hebeln drehen, etwa in der Energie- und Finanzpolitik. Dies erfordert auch eine neue Politik.
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