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Pharmaindustrie: Tarifverhandlungen: Chemie strebt “brüderliche Lösung” an.


Die hohen Energiepreise treffen Arbeitnehmer und Unternehmen. Gerade in der chemischen Industrie ist ein Kompromiss über angemessene Lohnerhöhungen schwierig. Gibt es am Anfang eine Übergangslösung?

Aufgrund der hohen Inflation und Unsicherheit durch den Ukrainekrieg sind die Tarifverhandlungen für die rund 580.000 Beschäftigten in der Chemie- und Pharmaindustrie derzeit nur teilweise abgeschlossen.

Zum Auftakt der Bundesrunde in Hannover zeigten die Verhandlungen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite die Bereitschaft, eine „Brückenlösung“ zu finden.

Über konkrete Zahlen oder genaue Kompromisslinien wurde noch nichts bekannt gegeben. Denkbar wäre beispielsweise, dass in einem Basispaket zunächst moderate Lohnerhöhungen enthalten sind – gedeckt durch Einmalzahlungen und Prämien oder eine vorübergehend niedrigere dauerhafte Lohnerhöhung. Später könnten bei Bedarf einige zusätzliche Punkte nachverhandelt werden.

Hohe Rohstoffkosten durch den Ukrainekrieg

Die Gewerkschaft IG BCE forderte ursprünglich eine Einigung bei der Inflationsrate. Im Februar sind die Verbraucherpreise in Deutschland erneut um 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Rohstoffkosten, glauben viele Ökonomen, dass sich dieser Trend fortsetzen könnte.

IG-BCE-Vizepräsident Ralf Sikorski sagte zu Beginn der Verhandlungen mit dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC): „Durch die Arbeit von Herrn Putin haben wir Inflationsraten, deren Realität überprüft werden muss.“ Die Unternehmen wiesen auch auf erhöhte Kosten hin.

Zu berücksichtigen ist laut dem Mitarbeiter die zunehmende finanzielle Belastung einer Reihe von Unternehmen. Sikorski betonte jedoch, dass es nicht möglich sei, den gesamten Tarifvertrag mit ihm zu kündigen. Ein Teil der Lohnerhöhungen müsse “jetzt real werden”, forderte er. „Wir brauchen jetzt ein Ergebnis für unsere Kollegen, zumindest ein Teilergebnis. Und dann können wir im Herbst Brücken bauen.“

Hans Oberschulte sei einem solchen Verfahren als Chefunterhändler des Arbeitgebers grundsätzlich aufgeschlossen. „Wir müssen schauen, mit welchem ​​Teil der Belastung wir Unternehmen dauerhaft rechnen müssen und welcher Teil möglicherweise nur temporär sein wird.“ Er stellt jedoch klar: „Eine Inflationsrate, die zu einem großen Teil das Ergebnis einer vorübergehenden Überhitzung ist, darf nicht die Basis für eine Zinserhöhung sein, die wir dauerhaft für alle Zeiten in unsere entsprechenden Tabellenkurse eingeplant haben.“

Erster Großtarifvertrag 2022

Die Chemie- und Pharmaindustrie rechnet in diesem Jahr mit dem ersten großen Tarifvertrag in Deutschland. Bei regionalen Forschungstreffen kam es zu keiner nennenswerten Annäherung – auch als sich die schwierige Kriegssituation verschärfte. Viele Unternehmen sorgen sich um Arbeitsplätze und Lieferketten. Die chemische Industrie ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine stabile Versorgung mit Öl-, Gas- und Kohlenwasserstoff-Vorläufern angewiesen.

Andererseits wollen Mitarbeiter ihre Kaufkraft sichern. Mit Blick auf die Ukraine räumte Sikorski ein: “Seit dem 24. Februar befinden wir uns in einer ganz anderen Situation.” Er schlug daher vor, eine Rahmenvereinbarung zu entwerfen, die im Herbst erweitert werden könnte. Die Frage, die man sich stellen muss, lautet: “Was sind echte Erwartungen und was ist die Überhitzung des Augenblicks? Sie können diese beiden Dinge zusammenbringen, indem Sie eine Brücke bauen.”

Auch der Arbeitgeberverhandlungsführer Oberschulte forderte eine schrittweise Lösung “im Falle eines möglichen Brückenbaus”. Klar muss sein, dass statt einer Zahl „vier Prozent plus x“ „vier Prozent minus y“ herauskommen sollen. Eine Einigung sei aber möglich: “Ich bin optimistisch, dass wir am Ende ein Ergebnis bekommen, das beide Seiten unterstützt.” Unabhängig davon heißt es: “Es hat noch nie in einer großen Branche Tarifverhandlungen gegeben, während mitten in Europa Krieg ist. Das ist ganz neu.”

Beide Seiten wollen auch über Training und andere Themen sprechen. Die erste Tour in Hannover soll am Dienstag fortgesetzt werden.

© dpa-infocom, dpa: 220321-99-614678/8 (dpa)