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Tanker für die Marine: Das Geschenk von 250 Millionen Euro


Exklusiv

Stand: 22.03.2022 17:23

Das Verteidigungsministerium hat offenbar deutlich höhere Preise für zwei neue Tanker akzeptiert. Der Bundesrechnungshof und die Bundeswehr gehen nach Recherchen von aus Ed, WDR und SZ warnte vor dem Kauf.

Von Anna Klühspies, Nils Naber, Benedikt Strunz (NDR) und Massimo Bognani (WDR)

27. Februar im Bundestag: Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine einen Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik. Der Bund wird einen 100 Milliarden Euro schweren Sonderfonds bilden und jährlich mehr als zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren.

Applaus erntete die Kanzlerin nicht nur von den Parlamentariern im Bundestag. Aus aller Welt kamen Glückwünsche. Aber auch das Jubelecho kann nicht alle Fragen übertönen. Zum Beispiel, warum die Bundeswehr eigentlich in so einem desolaten Zustand ist. Wie kann es sein, dass angesichts milliardenschwerer Verteidigungsbudgets Flugzeuge nicht fliegen, Schiffe in Häfen ankern und Soldaten mit ungenauen Gewehren schießen?

Forschung von NDR, WDR und “Süddeutsche Zeitung” (SZ) geben Einblicke in ein Rüstungsgeschäft, das für vieles steht, was in den letzten Jahren schief gelaufen ist. Das Projekt umfasst den Kauf von zwei Tankschiffen für die Deutsche Marine. 570 Millionen Euro waren ursprünglich geplant, den deutschen Steuerzahler werden sie voraussichtlich knapp 915 Millionen Euro kosten.

Benedikt Strunz, NDR, mit Details zu den Recherchen von NDR, WDR und SZ zur teuren Beschaffung der Bundeswehr

tagesschau24 17 Uhr, 22.3.2022

„Exorbitant hoher“ Preis

Die Geschichte des millionenschweren Scheiterns beginnt mit einem Rückzug. Die beiden älteren Tankschiffe „Spessart“ und „Rhön“ müssen ersetzt werden. Tanker werden für Marineeinsätze in der NATO dringend benötigt. Doch in viele Länder dürfen sie nicht mehr einreisen. Denn sie haben nur eine Schale. Bei einem Unfall droht eine Umweltkatastrophe. Aus diesem Grund werden seit 2005 vielerorts zwei Wände gefordert.

Im Juli 2021 erhielt die Rüstungstochter der Lürssen-Werft in Bremen, Naval Vessels Lürssen (NVL), den Auftrag zum Bau von zwei neuen Tankern. Sie war die einzige, die im Bieterverfahren übrig blieb. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar, dass der Preis der NVL deutlich über dem Budget der Bundeswehr lag.

Um die Kosten niedrig zu halten, führte die Bundeswehr eine schlechtere technische Ausrüstung der Schiffe ein. Unter anderem wurde auf eine zweite Antriebswelle verzichtet und die Kapazität der Tankwagen reduziert. Vertrauliche Unterlagen der Bundeswehr belegen, dass die Köder den geforderten Preis trotz der erheblichen Leistungseinbußen der Schiffe offenbar nicht wesentlich reduzierten. Für beide Schiffe verlangte die Werft von der deutschen Marine 870 Millionen Euro – ein Preis, den die Bundeswehr damals auch intern als „exorbitant hoch“ bewertete.

“Erhebliche Zweifel”

Die frühzeitige Einschätzung der Bundeswehr ist nicht das einzige Warnsignal, das ignoriert wurde. Auch der Bundesgerichtshof meldete «erhebliche Zweifel an der Rentabilität» des Projekts. So heißt es in einem vertraulichen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags im Juni 2021 NDR, WDR und SZ ist vorhanden.

Bedenken bereiteten den Wirtschaftsprüfern nicht nur der hohe Preis und die Tatsache, dass der Auftrag nur in Deutschland und nicht in ganz Europa bekannt gegeben wurde. Sie beklagten auch, dass das Projekt erhebliche Risiken für die Bundesregierung darstelle. Denn ohne ersichtlichen Grund hat das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) zugestimmt, die Verjährungsfrist für alle Mängel an Schiffen von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen, und eine ursprünglich vorgesehene „unbeschränkte Haftung“ für Köder auf fünf Prozent der Schiffe begrenzt. Bestellwert, steht in der Zeitung. Wenn auf eine direkte Beschaffung dieser beiden Schiffe verzichtet werden könne, solle das Beschaffungsverfahren „sofort“ neu gestartet werden, heißt es.

“Nicht wirtschaftlich”

Doch trotz aller Bedenken hat der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl dem teuren Projekt zugestimmt. Parlamentarier forderten jedoch eine Preisüberprüfung. Dafür sind Experten des Beschaffungsamtes der Bundeswehr (BAAINBw) zuständig. Aus vertraulichen Dokumenten geht hervor, dass sie im Vorfeld davor gewarnt hatten, dass der Tankerkauf „unwirtschaftlich“ sei. Offenbar hätte die Heimleitung diese Bewertung einfach ignoriert.

Im Rahmen des nun geforderten Preischecks gingen die Experten des Beschaffungsamtes im Winter 2021 ins Detail. Ihr Urteil war eindeutig. In einem Lagebericht vom November 2021 kritisierten sie Lürssens Behauptungen als „deutlich übertrieben“. 1.200 Mannstunden veranschlagt das Unternehmen allein für den Bau sogenannter Waffenfundamente – also für Metallanlagen, auf denen Maschinengewehre installiert werden können. Das entspricht etwa neun Monaten ununterbrochener Arbeit eines Designers. Tatsächlich hatte die Werft „extrem hohe Stundensätze“ geplant. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass „Leistungen doppelt gebucht wurden“, insgesamt ist die Liste der überhöhten Forderungen (…) beliebig lang.

Der Bericht schließt mit einer klaren Forderung: Das Beschaffungsamt solle Prüfungen einstellen und das Verteidigungsministerium informieren. In einem weiteren Schreiben an den „Abteilungsleiter See“ und den Vizepräsidenten des BAAINBw empfahlen die Prüfer schließlich, „den Vertragsschluss (…) für gescheitert zu erklären und das Projekt im europaweiten Vergabeverfahren erneut auszuschließen. “. Als realistischen Preis für die beiden Tanker nannten sie „rund 620 Millionen Euro“, also 250 Millionen weniger als von Lürssen gefordert.

Das Management bleibt dem Projekt verpflichtet

Doch offenbar hielt die Leitung des Beschaffungsamtes an dem Projekt fest. In einem Schreiben an das Verteidigungsministerium vom 9. Dezember 2021 kündigte das Beschaffungsamt an – entgegen der Einschätzung der eigenen Experten – den Preis von 870 Millionen Euro zu akzeptieren, obwohl es zu einer Verzögerung des Verfahrens kommen würde. negative „Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Marine“. Unklar sei auch, “ob das Budget für eine Neuausschreibung 2022 überhaupt zur Verfügung gestellt werden kann”. Das Beschaffungsamt hat das Ministerium in dem Schreiben nicht über die Vorbehalte des eigenen Ressorts informiert.

Offenbar sind dem Haushaltsausschuss des Bundestages die Ergebnisse der Nachprüfung bis dato ebenfalls nicht bekannt. Die Abgeordneten müssen allen Verteidigungsausgaben zustimmen, die mehr als 25 Millionen Euro kosten.

Lürssen erklärte auf Nachfrage, dass ein marktübliches Angebot vorgelegt worden sei und Lürssen die „angeblichen“ Beschwerden „des BAAINBw-Preisprüfers“ nicht bekannt seien. Die Abschlussprüfer erhielten ausführliche Erläuterungen zu eigenen Berechnungen, die ausführlich begründet und erläutert wurden. Das Unternehmen gibt weiter an, dass Sie NDR, WDR und die Behauptung von Dem SZ basierte zum Teil auf „offensichtlich falschen Grundannahmen“. Was die genauen Anforderungen sind, sagte das Unternehmen nicht.

Milliarden könnten “verdampfen”

Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums betonte in einer schriftlichen Antwort die Bedeutung des Vorhabens: „Angesichts der Bedeutung der Treibstoffversorgung für die Nachhaltigkeit von Schiffen“ sei eine weitere Verzögerung der Beschaffung „unter keinen Umständen akzeptabel“. Zu konkreten Vertragsdetails und Kritik an den Wirtschaftsprüfern …