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22.03.2022 05:00
(Akt. 22.03.2022 10:26)
Viele Tuberkulose-Tote seit Ausbruch der Corona-Pandemie.
© APA/dpa/Silas Stein (Symbolbild)
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie sind drei Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben.
Die Coronavirus-Pandemie hat weltweit zu einem besorgniserregenden Anstieg der Tuberkulose-Fälle geführt. Während das Covid-19 bislang etwa sechs Millionen Todesopfer gefordert habe, seien etwa drei Millionen gleichzeitig an Tuberkulose gestorben, warnte die Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) am Montag zum Welttuberkulosetag am 24. März. Fortschritte im weltweiten Kampf gegen Tuberkulose wurden durch die Pandemie zunichte gemacht und um Jahre verzögert.
Weniger Tuberkulose-Diagnosen seit Ausbruch der Corona-Pandemie
Seit Ausbruch der Pandemie wurden weltweit deutlich weniger Fälle von Tuberkulose (TB) diagnostiziert – aber nicht, weil es tatsächlich weniger Menschen gibt. Die Menschen gehen seltener zum Arzt – aufgrund von Verlusten, Ausgangsbeschränkungen oder der Sorge vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 in Gesundheitseinrichtungen. ÖGP-Experten betonen, dass dies nicht folgenlos bleibt, da die Heilungschancen nur bei rechtzeitiger und kontinuierlicher Therapie sehr gut sind.
Darüber hinaus sind auch Familienmitglieder und andere enge Kontaktpersonen infiziert. Infektionsketten werden immer länger und die Gefahr multiresistenter Tuberkuloseformen steigt, gegen die immer weniger Medikamente wirksam wirken. In einer Ausgabe sprach die ÖGP von einer bedrohlichen Entwicklung, da Tuberkulose als „Killer“ bei Infektionskrankheiten gilt. Die Gesamttherapieerfolgsrate bei multiresistenter Tuberkulose beträgt nur etwa 50 Prozent.
Corona-Jahr 1: 5,8 Millionen neue Tuberkulose-Infektionen diagnostiziert
Im Jahr 2019 wurden von den geschätzten 10 Millionen TB-Neuinfektionen weltweit 7,1 Millionen diagnostiziert. Im Jahr 2020, also im Jahr eins der Corona-Pandemien, wurden nur 5,8 Millionen neu diagnostiziert. „Das sind 18 Prozent weniger und das bedeutet, dass weitere 1,3 Millionen Menschen unwissentlich an Tuberkulose erkranken und die Erreger weitergeben“, sagte Helmut Salzer, Oberarzt am Kepler Universitätsklinikum Linz und Leiter des Arbeitskreises Infektiologie & Tuberkulose der ÖGP .
Ein ähnlicher Rückgang der TB-Diagnosen ist auch in Österreich zu beobachten. Vor der Pandemie wurden jährlich 500 bis 600 neue Diagnosen gestellt, 2020 wurden dem epidemiologischen Meldesystem EMS nur noch 388 TB-Fälle gemeldet (4,4 pro 100.000 Einwohner). „Seit Beginn der Pandemie wurden weniger, dafür aber schwerere TB-Fälle in Krankenhäusern registriert“, berichtete Salzer. „Neben einer möglichst frühen Diagnose und einer zeitnahen leitliniengerechten Behandlung müssen infektionsgefährdete Personen im unmittelbaren Umfeld des Patienten identifiziert, untersucht, informiert und gegebenenfalls behandelt werden“, betonte der Mediziner.
Fehlen Tuberkulose-Kontrollziele?
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete am Montag, dass die Weltgemeinschaft nicht auf Kurs sei, ihre selbst gesetzten Ziele zur Bekämpfung der Tuberkulose zu verfolgen. Leidtragende sind vor allem Jugendliche und Kinder. Im Jahr 2020 infizierten sich 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren mit Tuberkulose, 226.000 von ihnen starben. Nach Schätzungen der WHO würden bis 2020 72 Prozent der weltweit infizierten Kinder unter fünf Jahren nicht behandelt. Zwei Drittel der Säuglinge, die für eine vorbeugende Behandlung in Frage kamen, wurden nicht behandelt.
Mit neuen Leitlinien drängt die WHO auf schnellstmögliche Diagnosen und kürzere Behandlungszeiten. Das reduziert die Kosten, die Familien in vielen Ländern selbst tragen müssen. Kinder mit leichten Symptomen sollten Medikamente vier statt sechs Monate einnehmen, Menschen mit tuberkulöser Meningitis sechs statt zwölf Monate. Die WHO empfiehlt nun auch die neuen Medikamente Bedaquilin und Delamanid für Kinder. Sie wirken gegen Mykobakterien, die gegen die bisher wirksamsten Anti-TB-Medikamente resistent sind. Die Infektionskrankheit betrifft häufig die Lunge, kann aber auch andere Organe befallen. Klassische Symptome sind anhaltender Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust.
Beiträge zur Corona-Impfung
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