Die Bundesregierung soll einen viel zu hohen Preis für den Kauf von zwei dringend benötigten Tankern für die Marine gezahlt haben. Laut einem Bericht der “Süddeutschen Zeitung” hatte es bereits früher Warnungen gegeben.
Möglicherweise hat das Bundesverteidigungsministerium deutlich höhere Preise für den Kauf von zwei Tankern akzeptiert, obwohl der Bundesrechnungshof und die Bundeswehr selbst eindringlich vor dem Kauf der Schiffe gewarnt haben. Der Bund habe für beide Schiffe bis zu 250 Millionen Euro zu viel bezahlt, berichteten die Sender NDR und WDR sowie die Süddeutsche Zeitung am Dienstag unter Berufung auf interne Unterlagen.
Das Rüstungsprojekt umfasst den Kauf von zwei Tankern für die Deutsche Marine. Den Zuschlag erhielt dem Bericht zufolge die Rüstungstochter der Lürssen-Werft in Bremen, NVL, im Juli 2021. Schon damals hätten die Bundeswehrexperten den Preis von 870 Millionen Euro, den die NVL für die beiden Tanker forderte, als „exorbitant hoch“ und als „vertraulich eingestufte“ Papiere eingestuft, berichteten Medien.
Rechnungshof: „Sehr teures Projekt mit begrenzter Kapazität“
Kurz darauf kritisierte auch der Bundesrechnungshof in einem vertraulichen Gutachten vom Sommer 2021 das Projekt „als sehr teures Projekt mit begrenzten Kapazitäten“ und meldete „erhebliche Zweifel an der Rentabilität“. Zudem birgt der Vertrag erhebliche Risiken, monierten die Wirtschaftsprüfer.
Negativ fielen auch einige Preiskontrollen des Bundesbeschaffungsamtes aus. Als realistischen Preis für die beiden Tanker nannten die Inspektoren dem Vernehmen nach “rund 620 Millionen Euro”, also 250 Millionen Euro weniger als von der Werft gefordert.
Ungeachtet der Kritik hielt die Leitung des Beschaffungsamtes offenbar dennoch an dem Projekt fest und bat schriftlich darum, dass alle Mitarbeiter die Entscheidung für das Projekt “loyal mittragen”, wie Medien berichteten. In einem Schreiben an das Verteidigungsministerium vom 9. Dezember 2021 kündigte die Direktion an, eine Preiserhöhung von 870 Millionen Euro vorzuschlagen, um unter anderem negative „Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Marine“ zu verhindern.
Verteidigungsministerium verweist auf die Dringlichkeit des Kaufs
Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums betonte einem Bericht zufolge in einer schriftlichen Antwort die Bedeutung des Projekts: “Angesichts der Bedeutung der Treibstoffversorgung für die Nachhaltigkeit der Schiffe” sei eine weitere Verzögerung bei der Beschaffung “unter keinen Umständen hinnehmbar”. “. Zu konkreten Vertragsdetails und der Kritik der Prüfer im Rechnungshof äußerte sich das Ministerium mit Verweis auf die Vertraulichkeit des Verfahrens nicht.
Das Problem: Bisher verfügt die Marine über zwei Tanker, die „Rhön“ und die „Spessart“. Beide sind seit 45 Jahren im Einsatz und entsprechen nicht mehr den modernen Vorschriften. Sie haben keinen zweiten Rumpf, um zu verhindern, dass bei einem Unfall Treibstoff und Öl auslaufen.
Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Schäfer (Grüne) nannte die Forschungsergebnisse “erschreckend”. Der Fall verdeutliche „viele der Probleme, die wir offensichtlich im Einkauf haben und die wir dringend beheben müssen“, sagte Schäfer gegenüber NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“.
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