Ein Flüchtling für Flüchtlingsfamilien: Spielzeug und Kinderbilder: Auf dem alten Flughafen Tegel ist plötzlich wieder Leben
Montag, 21.03.2022, 17:09
Vor knapp einem Jahr ging der Flughafen Tegel endgültig vom Netz – doch von einer Übernachtung ist nichts zu sehen. Während der Krise wurden ihre markanten Gebäude zu einem Zufluchtsort für Familien, die aus der Ukraine fliehen.
„Toilettenartikel“ oder „Tiernahrung“ werden auf den weißen Folien angezeigt, die am Check-in-Schalter hängen. Andere schrieben Frühstück, Mittag- und Abendessen auf Englisch. Große Isolierflaschen mit Wasser oder Kaffee- und Teeständer auf Metallwagen. In einem Corona-Testgebiet werden Kinderbilder auf die Glasscheiben des provisorischen Spielplatzes geklebt. Im Terminal A läuft eine Frau mit ihrem Hund über das Gelände, der ehemalige Flughafen Tegel lebt seit einer Woche auf. Wo einst Fluggäste am Gate warteten, gibt es jetzt separate Zimmer mit jeweils fünf Etagenbetten.
„In drei Tagen haben wir die Fliese aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt“, sagt Detlef Cwojdzinski, Projektleiter des neuen ukrainischen Ankunftszentrums TXL, das am Sonntag den Regelbetrieb aufgenommen hat. Kurz darauf war die Infrastruktur am alten Hauptterminal des Flughafens – etwa die Salzwasserversorgung – wieder hochgefahren, als die ersten 425 Flüchtlinge hier blieben, darunter 105 Kinder. Seitdem ist die Zahl der Betten stetig gestiegen und liegt nun bei rund 700. Zwei Schenkel des sechseckigen Terminals A sind bereits belegt, weitere folgen in Kürze.
Die Bundeswehr hilft
Denn der Berliner Senat rechnet nach wie vor damit, dass täglich Tausende nach Berlin kommen. Ihre Unterbringung und Betreuung am Flughafen Tegel soll so professionell wie möglich erfolgen – unter anderem mit Hilfe eines neuen Verteilzentrums. Eine solche Meldestelle sei in diesem Forum und dieser Größe sehr einzigartig, sagte Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Sonntag am ehemaligen Flughafen, während zunehmend Busse mit Flüchtlingen ankommen, darunter viele Kinder.
Ukraine-Hilfe
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Auf den Pisten wurden in den vergangenen Tagen drei Zelte aufgebaut. Geplant ist, täglich bis zu 10.000 ankommende Flüchtlinge in der Innenstadt anzumelden und verbindlich zu entscheiden, in welche Bundesländer sie reisen. Dafür werden einige hundert Mitarbeiter benötigt. Unter anderem helfen 80 Bundeswehrsoldaten, vorerst ist dieser Einsatz bis Ende März genehmigt. Laut Projektleitung wären die Prozesse vorab mit den ankommenden Flüchtlingen getestet worden.
Im neuen Verteilzentrum wird das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) eingerichtet: „Dann können wir noch viel mehr Menschen registrieren und verteilen, die derzeit in den Übergangs- und Regelunterkünften des LAF untergebracht sind, weil sie sonst kein Dach hätten über ihren Köpfen. rund 6.500 Personen, die sich aktiv angemeldet haben, wurden seit dem 7. März registriert“, sagte Sprecherin Monika Hebbinghaus.
Es gibt auch Platz für Haustiere
Mit den neuen Strukturen in Tegel sollen Flüchtlinge, die weiterreisen, das Gebäude des Flughafens gar nicht erst betreten. Drei weitere Zelte wurden auf der Piste aufgebaut. „Die Menschen werden beobachtet und können – wenn nötig – schlafen, bevor sie weiterziehen“, sagte Arriva-Center-Sprecherin Regina Kneiding.
Die Menschen, die sich in der Hauptstadt aufhalten, werden zunächst im Terminal A untergebracht. Die Menschen sollten maximal zwei bis drei Tage in Tegel bleiben. Zunächst gibt es einen Corona-Schnelltest, gefolgt von einem kurzen medizinischen Screening. Wenn Sie gesund sind und keine weitere Pflege benötigen, erhalten Sie ein Bett. Auch Hunde und Katzen dürfen bleiben. Wo früher am Terminal Geschäfte waren, befindet sich heute eine Tierstation des Tierheims und Tierschutzvereins.
„So ein großes Projekt wollte ich nicht mehr machen“
Wie bei den Berliner Impfzentren ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK) für die Projektleitung am geschlossenen Flughafen zuständig. Zur Umsetzung hat die Organisation den 67-jährigen Cwojdzinski aus dem Ruhestand zurückgeholt. Der ehemalige Krisenmanager der Berliner Gesundheitsverwaltung war bereits 2020 am Aufbau der Impfzentren beteiligt. Zu seinen Aufgaben gehören die Rekrutierung von Personal und die Koordination der beteiligten Hilfsorganisationen Arbeits-Samariter-Bund, DLRG, Johanniter und Malteser. Neben dem Wohnen hat jeder eine andere Aufgabe.
„Ich wollte so ein großes Projekt nicht mehr machen“, sagt der 67-Jährige. Aber aus seinen Erfahrungen und Kontakten war ihm klar, dass er nicht nein sagen konnte. Ihm geht es ähnlich wie dem langjährigen Präsidenten des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme. Der 68-Jährige übernahm für den Senat die Koordination der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Berlin – nachdem er während der Corona-Pandemie den Bau des Akutkrankenhauses auf dem Messegelände geleitet und anschließend den Bau der Impfzentren koordiniert hatte. die Hauptstadt.
„Wir haben jetzt einen großen Erfahrungsschatz. Strukturen, Prozesse – und die Menschen dafür. Das ist alles“, erklärt der Projektleiter. „Ich ziehe hier viel aus dem Impfkonzept“, erklärt er mit Blick auf die ungenutzte Flughafenfläche. Das im Februar 2021 eröffnete Impfzentrum, das derzeit hauptsächlich für Kinderimpfungen genutzt wird, ist nur wenige Meter entfernt im Terminal C noch in Betrieb. Noch immer kommen täglich bis zu 100 Menschen dorthin, berichtet Sprecherin Kneiding.
Was wird aus dem eigentlichen Fliesenprojekt?
Nach über einem Jahr befindet sich das Zentrum im „Regelbetrieb“ – während das benachbarte Zentrum nach und nach den Betrieb aufnimmt. „Wir müssen einen soliden Betrieb managen. Vom Notbetrieb zum Regelbetrieb“, betonte Cwojdzinski. Wie schnell das passieren kann, kann er derzeit nicht sagen. Das will der Rentner aber auch im eigenen Interesse schnell erreichen.
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Unklar ist derzeit auch, welche Auswirkungen das Zentrum auf die weitere Entwicklung des stillgelegten Flughafens haben wird. Auf dem 500 Hektar großen Areal soll unter Federführung der Projektgesellschaft Tegel GmbH eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas realisiert werden. Die Beuth Hochschule für Technik wird in das ehemalige Hauptterminal umziehen. Ihre Pläne seien zunächst auf zwei Monate ausgestellt worden, sagt die Sprecherin der Projektgesellschaft Constanze Döll. Da die eigentliche Umsetzung des Projekts erst im Jahr 2024 beginnen wird, sind zu Beginn keine größeren Zeitverschiebungen zu erwarten. „Planung und Entwicklung gehen über das normale Maß hinaus“, sagt Döll.
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